KNABENLIEBE
Aphrodite Kallipygos. Marmor.Neapel, Nationalmuseum
Kein Volk hat den posterioren Reizen des Menschen mehr gehuldigt als das der alten Griechen. Die Analerotik genoss eine klare Vorrangstellung. Nur in Griechenland war es möglich, eine Aphrodite Kallipygos (Aphrodite mit den schönen Hinterbacken) zu schaffen und ihr nicht nur in der Theorie der poetischen Huldigung, sondern auch in der Praxis des tatsächlichen Liebesverkehrs Altäre zu errichten und auf diesen die immer erneute Opferflamme brünstiger Liebe anzuzünden. Nur in Griechenland war es denkbar, dass sich Mädchen aus bester Familie darüber stritten, wer von ihnen die schönsten kallipygischen Reize aufwiese, und darüber einen Jüngling, einen zweiten Paris, als Schiedsrichter einsetzten, dem die Siegerin in diesem Schönheitswettbewerb als holder Lohn zufiel. Diese Vorliebe ist in engem Zusammenhang mit der sogen
Pan einem Jüngling Musikunterricht erteilend.Neapel, Nationalmuseum
Aus den "Historischen Erinnerungen" des Hieroymos aus Rhodos ist die Vorliebe Sophokles' für Knaben überliefert. Sophokles, so heißt es dort, traf einmal auf der Straße einen schönen Jungen, der ihm so wohl gefiel, dass er ihn mit "vor das Tor" nahm, um dort mit ihm zu verkehren. Um nicht so hart zu liegen, breitete der Junge sein Gewand auf der Erde aus und mit dem Mantel des Sophokles deckten sie sich zu. Nachdem das Erosopfer vollbracht war, stibitzte der Junge den Mantel des Sophokles und rannte schleunigst damit fort. So musste der große Dichter ohne Mantel heimgehen, was wohl aufgefallen sein mochte, und wodurch die Sache sich herumsprach und auch zu den Ohren des Euripides kam, der die Gelegenheit sich nicht entgehen ließ, den großen Rivalen ob des fatalen Abenteuers zu verhöhnen... Bemerkenswert ist, dass Sophokles nicht deshalb zum Objekt des Spotts wurde, weil er sich mit dem Jungen einließ, sondern wegen des Missgeschicks, dass ihm dabei der schöne Mantel abhanden gekommen war.